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Letzte erhalten gebliebene Berliner Privatsynagoge:
Kulturzentrum im Hinterhof?

Die Synagoge im Hinterhof – letzte erhalten gebliebene Privatsynagoge soll restauriert und zum Kulturzentrum ausgebaut werden – falls sich ein Käufer findet

Durch eine dunkle Zufahrt gelangt man auf den Hinterhof der Brunnenstraße 33. Ein schmutziger und feuchter Hinterhof im Viertel der Rosenthaler Vorstadt in Mitte. In diesem Hof befindet sich, der Verwitterung preisgegeben, die alte Privatsynagoge Beth Zion. Zwischen Vorderhaus und Seitenflügel steht sie gedrungen mit runden Fenstern und bröckelnden Zierrändern aus Backstein.

Einer der vergessenen und in seiner Randlage faszinierenden Orte der jüdischen Geschichte in diesem Bezirk. Das Haus dämmert seit Jahren seinem Verfall entgegen. 1910 wurde die Synagoge vom rührigen Verein Beth Zion eingeweiht, einer Vereinigung orthoxer Juden aus Polen, die sich hier ein verborgenes Zentrum schuf.

Der Verein zählte über 230 Mitglieder, die meisten davon im Viertel lebend, andere Angaben sprechen Ende der zwanziger Jahre sogar von 450 Mitgliedern. Während der Gottesdienste wurde hier, in der Schul, dem Versammlungsort, aus der Torah gelesen. Prächtige Leuchter standen in Nähe der schlanken sechs Säulen, auf denen die in Holz gefasste Empore ruhte. Sie waren ebenso kunstvoll gearbeitet wie die schweren Decken auf der Bimah, dem Torah-Lesepult. Männer und Frauen saßen während des Gottesdienstes getrennt. Die Frauen hatten nach altem Brauch auf der Empore Platz zu nehmen.

Überall in der Stadt existierten solche Privatsynagogen, denn für viele Beter, besonders für die älteren, waren die Wege zu den großen Gemeindesynagogen zu weit und zu mühsam. Das Haus in der Brunnenstraße ist wahrscheinlich das letzte erhalten gebliebene Gebäude einer Privatsynagoge in Berlin und somit ein kulturhistorisches Denkmal ersten Ranges.

Dass das Gebäude während des Nationalsozialismus nicht vollkommen zerstört wurde, hängt mit seiner Lage in einem Hof zusammen.. Man fürchtete, das Feuer, könne auf die Wohnhäuser überspringen. Die Synagoge wurde jedoch innen vollkommen zerstört und entweiht. Eine Berliner Firma stellte einen Antrag auf Lagernutzung des Gebäudes und erhielt von den Nazis eine rasche Genehmigung.

Später zu DDR-Zeiten restaurierte man zwar die Außenfassade mit den eindrücklichen großen runden Fenstern, beließ es aber bei einem Lagerbetrieb des VEB Berlin-Kosmetik. Die Erinnerung an die ursprüngliche Funktion des Hauses verblaßte immer mehr. Bekanntlich hatte man in der DDR auch für jüdische Kultur nur so lange etwas wie übrig, wie es sich politisch gut präsentieren ließ. In diesem versteckartigen Gelände konnte davon nicht die Rede sein. Ähnlich wie die AHAWA, das vergessene Kinderheim in der Auguststraße, schwand mit der bröckelnden Bausubstanz auch die Erinnerung, verschwanden die Zeitzeugen, die noch etwas zur Geschichte der Synagoge Beth Zion in der Brunnenstraße hätten erzählen können. Als nach der Wende auch der VEB-Betrieb zusammenpacken mußte, blieb ein leerstehendes Gebäude übrig, in dessen zwanzig kleinen Räumen sich seit 1992 nicht mehr viel getan hat.

Jetziger Eigentümer ist, gemeinsam mit einem Vorkriegsbesitzer, die Wohnungsbaugesellschaft Mitte. In der Sanierungssatzung des Bezirks von 1994 wurde zwar eine kulturelle oder soziale Nutzung des Gebäudes festgeschrieben, aber konkrete Entscheidungen lassen auf sich warten. Großes Interesse zeigt zum Beispiel der „Verein der Sephardim", der Verband der orientalischen Juden, der mit seinen 200 Mitglieder noch keine eigene Gebetsstätte in Berlin hat. Neben den Juden Mittel- und Osteuropas, den Aschkenasim, leben mittlerweile auch einige hundert Sepharden in der Stadt, die teilweise in den letzten Jahren aus Mittelasien und aus dem Kaukasus gekommen sind.

Sie haben einen eigenenreligiösen Ritus und könnten hier eine neue Gebetsstätte einrichten. Sinnvoller wäre jedoch sicherlich eine umfassendere Nutzung des Gebäudes als Kultur- und Begegnungsstätte. Die Baustadträtin Dorothee Dubrau (Bündnis 90/ Die Grünen) ist vorsichtig optimistisch: „Wir würde uns mit Geldern aus dem Denkmalschutzfond gern an einer kompletten Restaurierung der Synagoge beteiligen, um hier ein neues jüdisches Kulturzentrum für die Öffentlichkeit zu schaffen. Allerdings hängt jetzt alles davon ab, ob die Wohnungsbaugesellschaft auch einen Käufer sucht, der mit uns diesen Plan verfolgt."

In der Tat stellte sich bei einem Besichtigungstermin in der Brunnenstraße heraus, daß mehr Bestandteile der alten Synagoge noch erhalten sind, als man vermutet hatte, so etwa sechs der historischen Säulen im Gottesdienstraum, die lediglich umbaut wurden. Zudem ist die gesamte alte Empore erhalten und Teile der Wandbemalungen. Offen ist die Frage nach dem Standort der Mikwe, dem rituellen Tauchbad.

Der Architekt Lutz Mauersberger ist optimistisch, daß, „wenn nun schnell Käufer gefunden werden, auch die noch unerschlossenen Teile des Gebäudes offengelegt werden können." Während der denkmalpflegerischen Analyse wurden nämlich Kellerräume entdeckt, die möglicherweise wertvolle religiöse Gegenstände enthalten, die einst verschüttet wurden. „Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, daß man bei einer solchen Situation Wichtiges im Schutt findet" sagt Mauersberger.

Die Privatsynagoge Beth Zion, in der Rabbiner wie Levy Höxter oder Jecheskel Landau wirkten, gehört zu den außerordentlich wichtigen Orten der in seinen Randerscheinungen immer noch schwierig recherchierbaren jüdischen Topographie in Mitte. Die Privatsynagoge Beth Zion könnte, anders als das jüdische Museum, eine intimere Form der Erinnerung und der kulturellen Neugestaltung jüdischen Lebens anbieten

Gernot Wolfram

hagalil 07/02/2002

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