Berlinale
2004:
Brother to Brother
Von Gudrun Wilhelmy
Der Film von Rodney Evans spielt mit
Doppeldeutigkeit und doppeltem Konfliktpotential: Schwarz und schwul. Der
junge Perry wird von seinen Eltern vor die Tür gesetzt, hat es gründlich
satt von weißen Schwulen wegen seines "schönen schwarzen Arsches" begehrt zu
werden und sehnt sich nach einem Liebes- und Lebenspartner. Ihn nervt in
seinem Studium die Problematik "Homosexualität" weitestgehend aussparen zu
müssen. Er ist sich ganz und gar nicht sicher, ob er für andere Schwarze
noch "Bruder" ist, wenn sie von seiner Homosexualität erfahren.
Der Film erzählt von erniedrigenden
Begegnungen in einer Sauna, der Aggressivität und Gewalt gegen Schwule, von
Vorbildern wie James Baldwin und moralisierenden Kleingeistern.
Aus der zunächst zufälligen Begegnung mit
dem Schriftsteller Bruce Nunget, der plötzlich vor Perry steht und ein
Gedicht zitiert, wird eine immer intensivere Beziehung. In ihren Erfahrungen
- Bruce hatte in jungen Jahre mit anderen die sagenhafte Zeitschrift "Fire"
herausgegeben, in der sich Schwarze als Schriftsteller auch zu ihrer
sprachlichen Sozialisation bekannten – spiegeln sich die Veränderungen der
Mehrheitsgesellschaft zur Homosexualität und zu Schwarzen ebenso, wie auch
die einer persönlichen Entwicklung.
Anthony Mackie spielt den jungen Perry
überzeugend neben Roger Robinson, der einen gealterten Bruce spielt, der mit
Würde seine Lebenserfahrungen, Schicksalsschläge, Erfolge und Niederlagen
trägt und bereit ist immer wieder neu zu träumen.
Der Film ist weit mehr als ein Schwulenfilm
für Schwule und mehr als ein Film von Männern für Männer. Es ist ein Film
der von dem Glück spricht, das so selten ist: "I love my friend".
Buch und Regie sind von Rodney Evans, der
an der Brown Universität in Moderner Kultur und Medien/Film Produktion
seinen Bachelor machte, und dem mit diesem Film ein kleines Meisterwerk
gelungen ist. Er hat mit seinem "Brother to Brother" Schwule gezeigt wie sie
sind: ganz normale Leute wie andere auch. Er hat sich dabei eines Tricks
bedient. Er hat kein schwules Milieu wie es sich Heteros vorstellen gezeigt,
sondern seine Protagonisten dort agieren lassen, wo sie sind: Inmitten der
Gesellschaft. Es war erleichternd, in diesem Themenzusammenhang nicht wieder
eine Reihe frustrierter Stricher vorgeführt zu bekommen, sondern
intelligente Menschen, die sich mit ihrer Umwelt auseinandersetzten.
Im Panorama-Programm am 9.2. um 20:00 im
CinemaxX7, 10.2. um 12:30 im Cinestar3, am 11.2. im CineStar3 um 20:15 und
am 15.2. um 15:00 Uhr im CineStar3.
Regie: Rodney Evans
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01-02-04
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