Berlinale
2004:
The Nomi Song
Klaus Nomis großes kurzes Künstlerleben
Von Gudrun Wilhelmy
Klaus Nomi, als Klaus Sperber 1944
geboren, machte Karriere in New York. Andrew Horn entwickelt in seinem
dokumentarischen Film ein komplexes Bild dieser Künstlerpersönlichkeit als
einen klassischen Außenseiter, wie sich Klaus Nomi auch selbst sah: "I
approach everything as an absolute outsider."
Ira Siff bildete Klaus Sperber zum
klassischen Opernsänger aus. Er bestätigt, dass dieser keine Chance hatte
"an der Oper Karriere zu machen". Sein Counter-Tenor stand ihm im Wege. So
ging er zunächst nach Berlin und von dort 1972/73 nach New York und arbeitet
in den klassischen Fächern: Tellerwäscher und Putzfrau. 1978 machte er sich
selbst zur Kunstfigur "Nomi" im NYC's Irving Plaza Club und seine Auftritte
waren eher eine Performance denn ein Konzert im üblichen Sinne. Sein erster
Auftritt in einem Rock-Club war für das Publikum ein Schock. Es wähnte
ernsthaft einen technischen Trick hinter seiner Stimme. Und Operngesang
machte die Zuhörer an diesem Ort fassungslos. Am besten lässt sich sein
Erscheinen mit der Frage einer sechsjährigen Zuschauerin beschreiben, die
ihn nach dem Konzert auf einer Party fragte: "Bist du ein Außerirdischer?"
Gesamtkunstwerk
als Lebensentwurf, dies kann von Klaus Nomi, wie er sich später nannte,
gesagt werden. Er setzte hohe professionelle Ansprüche in seine Arbeit. Wenn
auch in den ersten Jahren alle Mitstreiter mit Experimentierfreude und
Enthusiasmus für ihn arbeiteten, genügte ihm dies später nicht mehr. Doch da
war die Art seiner Auftritte bereits geprägt von einem ausgefallenem Make
up, gestylter Frisur und Kostüm-Entwürfen von Designern der Haute Couture
mit Entlehnungen aus Science-Fiction-Filmen wie sie auch in seinem Logo
anklingen. Dennoch blieb er in den Augen des Fotografen Anthony Scibelli
immer eine "schwarz-weiß-Figur". Sein Gesicht verriet kaum persönliche
emotionale Regungen und eignete sich besonders für künstlerische Fotos.
Ebenso wenig lässt sich seine Musik
einordnen. Er singt mal wie Maria Callas, die er als Kind hörte oder wie
Elvis Presley, ein anderes Idol seiner Kindheit. Seine ehemaligen
Mitstreiter zeichnen das Bild eines Menschen, auf den keine Bezeichnung zu
treffen scheint. Er ist ein Ereignis, bei dem man sich fragt "Was ist es"
und nicht "wer ist es", wie ein Musiker es im Film formuliert. Kristian
Hoffman, ein Bandmitglied, beschreibt ihn "He was a voice, almost inhuman in
range, from operatic soprano to Prussian general. He was a master performer
- a master of the theatrical gesture. Above all, he was a visionary." Einer
seiner größten Erfolge waren seine eigenen Kompositionen auf dem Album "Keys
Of Life"
Er stirbt 1983, wie so viele nach ihm, an
dem so genannten guy-cancer, einer Krankheit die erst später ihren Namen
bekam: Aids. Ein Jahr zuvor im November war sein zweites Album erschienen:
Simple Man.
Ausschnitte
von Aufnahmen seiner zahlreichen Auftritte aber auch Plakate, Fotos und
private Dokumentationen zeigen einen Exibitionisten, der bereits auf dem
ersten Blick außergewöhnlich erscheint und den seine Stimme zu einem
Ereignis gemacht hat. Klaus Nomi hat das Beste daraus gemacht: Kunst. Dies
zu transportieren ist Andrew Horn mit seinem Dokumentarfilm außerordentlich
gut gelungen. Die Verwendung von offensichtlich privaten Videoaufnahmen
während der Auftritte von Klaus Nomi, unterstreichen seine künstlerische
Präzision und Professionalität. Dass daraus mehr wurde als eine Wiedergabe
von Interviews mit Weggenossen und Freunden und Dokumentationen seiner
Auftritte, ist auch dem Schnitt von Angela Christlie und Guido Krejewski zu
verdanken.
Zu sehen im Panorama am 6.2. um 20:00 im
CineStar 7, am 7.2. um 18:30 im CineStar2, am 12.2. um 22:30 im CineStar 7
Dokumentarfilm: The Nomi Song
Regie: Andrew Horn
Schnitt: Angela Christlie/Guido Krajewski
Produktion: CV Films Belrin, Cameo Filmproduktion Köln, ZDF/Arte
(Redakteurin Anne Even), Film Stiftung NRW
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01-02-04
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