Berlinale
2004:
Bonjour Monsieur Shlomi
Von Gudrun Wilhelmy
"Bonjour Monsieur" so wird der Großvater
von der ganzen Familie begrüßt. Allein seinen Enkel Schlomi, der ihn wäscht,
auf die Einnahme der Medikamente achtet und für ihn kocht, wird von ihm mit
"Bonjour Monsieur Schlomi" begrüßt, dem Titel eines israelischen Films, dem
eine Premiere in deutschen Kinos zu wünschen ist.
Schlomi ist der funktionierende Pol einer
Familie, deren Mitglieder die eigenen Ansprüche über die der anderen
Stellen. Er kocht für alle, er wäscht, räumt auf, hütet die Zwillinge der
Schwester und ist in den Augen der Mutter doch immer nur der zweite Sohn –
so sieht es Schlomi. Tehiza, seine Schulkameradin findet ihn nicht attraktiv
und erst eine neue Nachbarin, gleichsam eine Seelenverwandte, weckt seine
Aufmerksamkeit.
Da
man ihn in der Schule für einen Versager hält, ist Schlomi selbst davon
überzeugt zu versagen und ein Nichts zu sein. Doch eines Tages macht der
Mathematiklehrer eine Entdeckung. Er wendet sich an den Direktor, der
Schlomi einigen Tests unterzieht und Schlomi immer damit rechnet von der
Schule ausgeschlossen zu werden.
Für Schlomi bietet sich eine Gelegenheit,
sein Leben komplett zu ändern, fern der Familie. Das hieße den Großvater
allein zu lassen und auch alle anderen müssten ohne ihn auskommen. Schlomi
fühlt sich für alle verantwortlich, nur für sein eigenes Leben nicht.
Shemi Zarhin ist in diesem Film das
Portrait eines jungen Mannes gelungen, der Eigenschaften aufweist, die
traditionell Mädchen und Frauen zugewiesen werden. Ihr gelingt Schlomi als
einen besonders starken und niemals lächerlichen Charakter frei von
Macho-Gehabe zu gestalten. Das macht den Film besonders sehenswert.
Leider lief der Film auf der Berlinale nur
im "Market" - also nicht öffentlich.
Bonjour Monsieur Shlomi
Israel, 2003, 94 min
Regie: Shemi Zarhin
Darsteller: Oshri Cohen, Arie Elias, Esti Zakhem
Filme zu jüdischen Themen, Israel / Nahost und
Minderheiten auf der Berlinale 2004
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09-02-04
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