10 Jahre Jüdisches
Filmfestival in Berlin 2004:
Interview mit Nicola Galliner
Nicola Galliners Name hat in der Filmwelt, und insbesondere in der jüdischen
einen besonderen Platz. Sie hatte 1995 den Mut, das erste Jewish
FilmFestival Berlin zu wagen und schaut heute auf 10 Jahre erfolgreicher
Arbeit zurück.
Nicola Galliner: Wie fing es an? Ich habe
vor vielen Jahren die Programme der großen amerikanischen jüdischen
Filmfestivals in die Hand bekommen und dachte, das sollte man in Berlin auch
machen. Ich bin ein filmbegeisterter Mensch und wandte mich sofort an die
Filmleute in Berlin, die wichtig sind. Und das waren damals und sind heute
Ulrich, Erika und Milena Gregor – "die Gregors" - von den "Freunden der
Deutschen Kinemathek". Die waren begeistert von der Idee. Damit hatte ich
gar nicht gerechnet. Sie hatten zwar selbst daran gedacht, so etwas zu
machen, aber trauten sich dann wohl nicht so recht. So hatte das Jewish
Filmfestival Berlin 1995 eine leichte Geburt. Es war anfangs wesentlich
kleiner als es heute ist. Doch es gab immer eine traumhafte Zusammenarbeit.
Die Kosten des Festival haben wir uns geteilt.
haGalil Online: Mit welchen Intentionen, Vorstellungen und Wünschen gingen
Sie damals an die Verwirklichung heran?
NG:
Ich bin seit vielen Jahren Leiterin der
Jüdischen Volkshochschule Berlin. Ich fand, und ich muss sagen, ich finde es
auch heute noch so, daß man doch in Deutschland irgendwie in einer jüdischen
Wüste lebt. Sehr viel Sand aber sonst eigentlich nichts, leider. Mein Wunsch
war also, die unterschiedlichen jüdischen Lebenswelten nach Berlin zu holen.
Mit Filmen kommt man überall hin, erreicht viele und lernt Leute kennen,
denen man sonst nie begegnen würde. So holen wir uns das heutige jüdische
Leben nach Berlin ins Kino. Und wir können irgendwie in einer vielleicht
merkwürdigen Art daran teilnehmen.
Wie werden Sie auf Filme aufmerksam, für die Sie sich dann entscheiden?
Gibt es besondere Schwierigkeiten? Und das führt zur nächsten Frage, wie
finden Sie das jeweilige Thema für das nächste Festival?
NG: Zunächst zum
Festivalthema. Es gibt immer ein Brainstorming und nach ein paar Tagen kommt
etwas heraus. Das entwickelt sich einfach und bildet auch eine Auswahl von
dem, was man gesehen hat und was sich zu einem Thema zusammenfassen lässt.
Es hat auch damit zutun, welche Filme wirklich gezeigt werden können.
Viele Filme kommen inzwischen auf
Empfehlung. Das ist sehr schön, denn es besagt, dass wir inzwischen bekannt
sind und einen Namen haben. Und es gibt immer wesentlich mehr Vorschläge als
wir zeigen können. Theoretisch könnten wir einen Monat lang ein Festival
machen und selbst dann würden wir nicht alles unterbringen können.
Die Auswahl ist in jedem Jahr immer wieder
sehr, sehr schwer. Man muss sich immer wieder neu entscheiden. Da hilft dann
manchmal das Thema.
Wer empfiehlt die Filme?
NG: Manchmal sind es
Filmemacher, die von uns gehört haben und sich direkt an uns wenden. Oder
Kolleginnen und Kollegen anderer Filmfestivals machen uns auf Filme
aufmerksam.
Die Auswahl der gezeigten Filme umfasst Dokumentarfilme, Spielfilme und
auch Experimentalfilme, sogar Kurzfilme fehlen nicht. Es gibt Filmfestivals
die sich nur einem Genre widmen. Sie machen das anders, warum?
NG: Wir wollen nicht nur ein
Spielfilmfestival machen oder nur Kurzfilme zeigen. Ich finde es spannend,
wenn man viele unterschiedliche Filme und Genres nebeneinander zeigt.
Haben Sie festgestellt, dass aus dem Publikum manche nur zu den
Dokumentarfilmen kommen und andere zu den Spielfilmen?
NG: Wir haben festgestellt, was immer sehr
großes Interesse weckt, ist eigentlich alles aus Israel. Aber das ist kein
Schwerpunkt. Leider werden wir öfters verwechselt, und manche denken, ein
jüdisches Filmfestival müsse ein israelisches sein. Das ist ganz und gar
nicht der Fall. Israelische Filme sind ein Teil der gezeigten Filme, aber
bei weitem nicht der Hauptteil. Ich denke, da zeigt sich besonders ein
aktuelles Interesse an Dokumentarfilmen. (Anmerkung der Redaktion: Es waren
ca. 50 israelische Filme in den 10 Jahren des Festivals zu sehen,
vergleichbar der Anzahl von Filmen amerikanischer Produktionen).
(Anm.d.
Red: Es waren ca. 50 israelische Filme in den 10 Jahren des Festivals zu
sehen, vergleichbar der Anzahl von Filmen amerikanischer Produktionen).
In diesem Jahr hatten wir einen
Überraschungsgewinner für den Gerhard-Klein-Publikumspreis. Das war der Film
"My Architect". Da kamen viele Berliner Architekten ins Kino, die alle sehr
begeistert waren. Das hat mich besonders gefreut, weil ich diesen Film
selbst so wunderbar fand. Ich freue mich sehr, dass dieser Film im Herbst in
die Kinos kommen wird und dann auch der Filmemacher kommt. Beim Festival
konnte er nicht dabei sein, weil er gerade mitten in Dreharbeiten zu seinem
nächsten Film steckte. Wir hoffen, dass wir ihn im Herbst kennen lernen
werden.
Ich habe den Eindruck, dass Sie immer wieder auch versuchen Filme von
jungen Filmemachern oder Drehbuchautoren und Filme mit Themen die vor allen
Dingen jüngere Leute ansprechen mit ins Programm zu nehmen.
NG: Das ist richtig. Wir wollen
eigentlich zunächst einmal alle ansprechen. Andererseits tut sich besonders
viel bei den jüdischen Filmemachern im Alter zwischen 25 und 35. Die
scheinen ganz besonders aktiv zu sein. Es ist eine kreative Generation und
wir hatten im letzten und in diesem Jahr jeweils zwei solcher Filme im
Programm. Diese Aktivitäten kann man überall beobachten. In diesem Jahr
waren es die Schweden und die Israelis, letztes Jahr waren es die Israelis
und die Amerikaner.
Sie schauen auch jedes Jahr bei der Berlinale immer wieder nach den Filmen,
dort sind wir uns ja auch begegnet. Wie gehen Sie da vor?
NG: Ich versuche alles zu sehen, was
irgendwie Jüdisches zum Thema hat oder ich schaue mir die israelischen Filme
an. Dieses Jahr hatten wir auch zwei Filme aus der Berlinale mit dabei,
einer ist der englische Film "Wondrous Oblivion", der in den nächsten Wochen
in deutsch in die Kinos kommt. Er hat das Kinderfilmfestival der Berlinale
eröffnet und er wird permanent als Kinderfilm präsentiert, was ein Irrtum
ist. Ich finde nicht, dass dies ein Kinderfilm ist. Und ich hoffe, dass er
auch das erwachsene Publikum erreicht, wenn er jetzt in die Kinos kommt.
Dem stimme ich zu. Auch ich sehe diesen Film als einen für zumindest ältere
Kinder und Erwachsene. Wie in diesem Film auch, so ist der Blick auf die
jüdische Frau in den Filmen auf dem Jewish FilmFestival immer besonders
vertreten.
NG: Ja, die Frauen sind immer ein gutes
Thema. Aber warum? Das gibt einfach sehr viel her, man sieht es immer in den
Filmen. Wir hatten auch einmal ein ganzes Festival der jüdischen Frau
gewidmet. Vielleicht machen wir das wieder einmal.
Als Sie vor zehn Jahren das Film Festival zum ersten Mal durchgeführt
haben, hatten Sie da die Vorstellung, diese Veranstaltung zehn Jahre mit
Erfolg zu etablieren?
NG: Meine Vorstellung war, das erste Jahr
hinzubekommen. Wir haben dann von Jahr zu Jahr weiter gearbeitet. Das war
manchmal nicht ganz so einfach, und es gab Momente, wo wir dachten, das
Festival im laufenden Jahr war unser letztes. Und das war dann doch nicht
der Fall.
Da können Sie stolz auf sich sein.
NG: Ja, wir sind immer wieder selbst
erstaunt, dass wir überleben und wieder ein Festival machen und in diesem
Jahr nicht nur dass, sondern auch eine Festschrift und eine eigene Webseite
dazu gekommen ist. Wir sind richtig modern geworden. Es überrascht mich
selbst.
Wie kam es dazu?
NG: Es gab einen Zuschuss vom
Hauptstadtkulturfonds in diesem Jahr, weil es das zehnjährige Jubiläum ist.
Und deshalb haben wir dann auch eine Festschrift gemacht um insbesondere
auch die Frage zu klären "Was ist ein jüdischer Film?" Denn diese Frage wird
immer wieder gestellt. Wir haben Autorinnen und Autoren gebeten, sich dazu
zu äußern und zehn daraus ausgewählt. Natürlich hat jede und jeder etwas
anderes dazu gesagt.
Und was ist Ihre persönliche Antwort auf diese Frage?
NG: Ich denke, ein jüdischer Film hat immer
etwas mit dem Thema zu tun. Inzwischen haben wir in dem Buch gesehen, dass
es viele Filme über Nichtjuden gibt, die sehr jüdisch sind. Aber zunächst
einmal muss bei uns ein Film immer mit dem Thema zu tun haben. Der Regisseur
oder die Regisseurin oder die Mitwirkenden müssen nicht unbedingt jüdisch
sein, aber das Thema muss es sein. Und sonst geht es nach dem Gefühl, wie
sehr man sich in dem Film wieder erkennt.
Welche ist ihre Lieblinsdefinition in dem Buch?
NG: Ich denke, die von Peter Stein aus San
Francisco mit der sehr frechen Antwort, dass ein Film jüdisch ist, wenn die
Mutter jüdisch ist (zum Verständnis, halachisch wird ein Mensch als jüdisch
definiert, wenn die Mutter jüdisch ist). Das ist gemein! Nein ich denke,
alle haben ein bisschen Recht. Es gibt keine eindeutige Definition. Es ist
eine Gefühlssache. Es gibt jüdische nicht-jüdische Filme und nicht-jüdische
jüdische Filme. Man guckt einen Film an und sagt: Ja, das ist es. Ein
Problem sehe ich bei Filmen, die in Deutschland gemacht werden und irgendwie
jüdisch sein wollen, in denen wir uns oder ich mich aber nicht wieder
erkennen können oder kann.
Auf Ihrem Festival gezeigt worden zu sein, hat das einigen Filmen auch den
Weg ins Kino geebnet?
NG: Ich würde sage, wir ebnen
manchmal den Weg. Der erfolgreichste und interessanteste Fall war "Train de
Vie" – Zug des Lebens, der sogar zwei oder dreimal bei uns wiederholt werden
musste. Es gab eine Seite Lob im Spiegel von Hendryk M. Broder und dann fand
sich endlich ein Verleih. Ein anderer Film war "Made in Israel". eine
israelische Produktion und ich glaube, dass wir auch zu seinem Erfolg in den
Kinos beigetragen haben. Der Film hatte allerdings Jürgen Holtz, einen
deutschen Schauspieler in der Hauptrolle, was ihn für das hiesige Publikum
vielleicht auch besonders interessant macht. Ein hervorragender Film. Ich
finde, es kommen viel zu wenig von den israelischen Filmen hier ins Kino und
ich hoffe, dass dies ein Weg ist, das ein wenig zu fördern.
Heißt dass, dass Sie für alte Hasen wie auch für junge als Festival nicht
mehr wegzudenken sind? Und wie gehen Sie bei der Auswahl damit um, dass
hierzulande viele meinen, dass israelische Filme immer mit Politik und
hiesige immer mit dem Holocaust zu tun haben müssen? Wie gehen die Gäste
damit um?
NG: Wir versuchen, von diesem Image der
Juden als Opfer wegzukommen. Das ist immer ganz schrecklich, ebenso wie der
Israeli als Aggressor oder das Leben dort nur als Politik. Wir zeigen auch
ganz private und persönliche Filme aus Israel und da sind die Leute immer
außerordentlich erstaunt. Ich denke, dass man hierzulande zu wenig über
Juden und jüdisches Leben weiß. Die Vergangenheit ist so gegenwärtig, dass
sie alles auslöscht. Das ist ein Problem und das wird noch ein wenig so
bleiben.
Mir ist aufgefallen, dass gerade auch bei Dokumentarfilmen aus Israel sich
hier in Berlin ansässige Palästinenser im Publikum befinden und sich
bei den anschließenden Diskussionen zu Wort melden. Haben Sie da jemals
erlebt, dass dort irgendetwas in den Köpfen bewegt wurde?
NG: Man wird Menschen durch Filme nicht
ändern. Wir hatten in anderem Zusammenhang einmal zu einer Buchvorstellung
den ehemaligen israelischen Botschafter Avi Primor eingeladen. Und im
Publikum saßen viele junge Leute, alle zwischen 17 und 22 Jahren und viele
waren Deutsche mit arabischen Eltern. Die waren ganz erstaunt, ihn zu hören.
Sie hatten ihre fixe Idee wie Israelis oder Juden sind. Man hat es an den
Fragen und Reaktionen gemerkt. Erstaunt waren sie, festzustellen, dass
Israelis oder Juden überhaupt auch ganz normale Leute sind und einer dort
Dinge erzählt, denen sie eigentlich zustimmen. Deshalb, denke ich, geht es
nur über eine persönliche Begegnung. Die ganz Extremen kann man sowieso
nicht überzeugen. Aber ich hoffe, dass Filme auch zu einer persönlichen
Begegnung anregen können. Dazu, dass man einmal dort hinfährt oder sich
näher damit beschäftigt.
Denken Sie vielleicht, auch im Rahmen des Festival Schulklassen einzuladen
oder Schulvorstellungen anzubieten?
NG: Das wäre vielleicht eine gute Idee,
aber es wird noch etwas dauern.
Sie haben jetzt nach zehn Jahren die Frage an mehrere Menschen gestellt:
"Was ist ein jüdischer Film" Daraus ist ein wunderbares Buch geworden. Wie
haben die Autorinnen und Autoren auf diese Frage zunächst reagiert?
NG: Sie waren alle ganz begeistert, darüber
zu schreiben. Ich glaube, sie hatten bis dahin gar nicht so sehr über die
Frage nachgedacht und merkten dann, dass das gar nicht so leicht ist. Wir
haben in diesem Buch auch einige Filme untersucht, sowie Filmemacher. Unter
den Autoren sind nur zwei Filmwissenschaftler, wie bei den Filmen haben wir
das sehr gemischt. Wir haben Germanisten dabei, Journalisten usw. und ich
finde, das gibt einen neuen, erfrischenden anderen Blick auf die Filme und
ihre Geschichten.
Als ich das Buch gelesen habe, war es für mich als würden die
zurückliegenden Festivals noch einmal vor meinen inneren Augen Revue
passieren. Wie ging es Ihnen, als sie die Beiträge gelesen haben?
NG: Ich habe mir gewünscht, dass wir mehr
Platz gehabt hätten. Es ist eine ganz kleine Auswahl. Ich war eigentlich
sehr glücklich, wie alle reagiert hatten und ich musste wieder auswählen.
Wir haben teilweise die Metiers gemischt. Besonders hat mir der Text von
Frau Prof. Weissberg aus den USA gefallen. Sie war begeistert von Alan
Berliner, von dessen Filmen sie nie gehört hatte und als sie sie zum ersten
Mal sah, war sie hin und weg. So weit ich weiß, haben andere Festival keine
solche Festschrift herausgeben, da sind wir wohl ganz innovativ.
Besonders geglückt ist auch die Filmographie.
NG: Da sind alle auf den Festivals der
letzten zehn Jahre gezeigten Filme dabei. Wir sind selbst sehr überrascht
gewesen, dass es insgesamt an die 180 Filme waren. Zehn Jahre sind vorbei
und man weiß gar nicht, wo die hingegangen sind.
Zehn Jahre sind vorbei. Publikumspreis gibt es seit drei Jahren. Wie ist
der entstanden? Wer hat bisher einen Preis erhalten?
NG: Der Preis ist nach Gerhard Klein
benannt und seine Familie hat ihn in Erinnerung an ihn gestiftet. Er hatte
viele Jahre das bekannte Kino "Capitol" hier in Berlin und war einer von den
ersten jüdischen Nachkriegsfilmleuten wie beispielsweise Arthur Brauner.
Brauner hat die Filme gemacht und Gerhard Klein hat sie gezeigt. Aber er hat
auch selbst einmal vor dem Krieg mitgespielt, man sieht es in dem Buch.
Auch für die Filmleute ist das gut,
immerhin 2.000 € Preisgeld gibt es jedes Jahr. Es ist eine herrliche
Mischung die dabei herausgekommen ist. Und wir sind jedes Mal überrascht
darüber, wer den Preis erhält! Das erste Mal war es eine junge amerikanische
Israelin. Sie hat den Preis gewonnen für einen wunderbaren Dokumentarfilm
über zwei Frauen, eine Palästinenserin und eine Israelin, die gemeinsam als
Fahrerin und Beifahrerin an einer Auto-Rallye durch die Wüste teilnehmen und
sich eigentlich nicht kannten. Im zweiten Jahr war es der amerikanische
Spielfilm "The Hebrew Hammer", der eingeschlagen ist wie ein kleineres
Erdbeben und wiederholt werden mußte. Und dieses Jahr war es "My Architect"
und ich glaube es waren die Berliner Architekten die zahlreich dort waren
und abstimmten, was ja auch schön ist. Immer ein anderes Publikum
entscheidet.
Sie waren in diesem Jahr erstmalig mit einigen Filmen des diesjährigen
Festivals auch in Potsdam.
NG: Das war ein Novum. Und ich glaube, die
Potsdamer würden das gerne im nächsten Jahr wieder machen. Es war
erfolgreich, auf jeden Fall. Wenn wir die Mittel wieder erhalten, werden wir
das sicherlich wiederholen.
Mein Eindruck ist, dass sie fast als einzige hier in Berlin ganz ernsthaft
Film als Kunst- und Kulturausdruck von Juden mit ins hiesige jüdische Leben
hineingeholt haben. Das fällt meiner Meinung nach bei anderen
Kulturveranstaltungen im jüdischen Kontext in der Regel weg. Ich habe den
Eindruck, es fällt sonst ganz weg.
NG: Ich denke, wir haben eine Lücke
gefüllt. Man sieht es auch an der Kontinuität, was sehr wichtig ist. Es hat
damit zu tun, dass wir immer das gleiche Team sind. Ich denke, manche
Veranstaltung leidet darunter, dass jedes Jahr jemand neues kommt und wieder
von vorne anfangen muß.
Welches Feedback haben Sie vom Publikum? Mir ist beispielsweise immer
wieder eine Frau über den Weg gelaufen, die einen Bildungsurlaub in Berlin
machte über Jüdisches und eher zufällig auf das Programm des Festivals stieß
und weil es ihr so gut gefiel, will sie versuchen in nächsten Jahr aus
Hamburg wieder hier her zu kommen.
NG: So etwas geht an uns leider vorbei. Wir
sind immer im Stress während des Festivals und bekommen so etwas kaum mit.
Eine andere Stimme war: "Es ist immer so unglaublich interessant." Wie
machen Sie das?
NG: Sie meinen die Auswahl? Ich weiß es
selbst nicht. Am Anfang war es wohl eher zufällig der richtige Griff, jetzt
schauen wir auf eine 10jährige Erfahrung zurück. Aber eigentlich weiß ich
nicht so genau, wie es geschieht. Wenn ich einen Film sehe, dann weiß ich
sofort: Ja, das ist was für meine Leute oder es ist nichts. Manchmal ist man
sich nicht sicher, aber eigentlich glaube ich zu wissen, was die Leute sehen
wollen und was ich ihnen zeigen möchte.
Welche Filme sind für Sie besonders in Erinnerung geblieben.
NG: In diesem Jahr muss ich leider
gestehen, dass "My Architect", der Gewinner des Preises, auch mein
Lieblingsfilm war. Ein anderes Beispiel: wir haben einmal beide Versionen
von "Sein oder Nichtsein" gezeigt: Erstens sieht man sie selten zusammen und
außerdem sind beide herausragend, was bei Remakes nicht immer der Fall ist.
Man findet alle meine Lieblinge in dem Buch wieder. Auch Alan Berliners
Arbeiten gehören zu meinen Favoriten. Er ist für mich der aufregendste
jüdische Experimental-Filmemacher, den es gibt. Ich glaube, wir haben alle
seine Filme gezeigt. Er ist auch selber ein wunderbarer Mensch. Und dann
findet man noch jemanden für das Buch, der über ihn schreibt! Jedenfalls
macht alles viel Freude und Spaß, und ich hoffe, dass wir noch weitere zehn
Jahre ein interessantes Jewish Film Festival Berlin machen können.
Danke für das Interview Frau Galliner.
Das Interview wurde
einige Tage nach Beendigung des Filmfestival 2004 geführt. Die Fragen
stellte Gudrun Wilhelmy.
Das Buch zum
Jewish Film Festival Berlin
Jewish
Filmfestival 2004: Wahlverwandtschaften - Qualverwandtschaften
Juden und jüdisches Leben in Berlin
Internetseite des JFF-Berlin
hagalil.com
27-07-04
|