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Synagoge Rykestraße:
Deutschlands größte Synagoge wird 100 Jahre alt

Am 4. September 1904 wurde - nach gerade zehnmonatiger Bauzeit - die Synagoge in der Rykestraße festlich eingeweiht, gerade rechtzeitig zu den Hohen Feiertagen des Jahres 5665. Sie war vom Architekten Johann Hoeniger nach einem aufwändigen Genehmigungsverfahren im neo-romanischen Stil erbaut worden und bot rund 2000 Personen Platz...

Von Iris Noah

Im Baualbum der Synagoge heißt es: "Der Chorbau ist so groß angelegt, daß neben dem Platz für die Chorsänger auch noch Raum für eine eventuell aufzustellende Orgel bleibt". Vorerst wurde keine Orgel eingebaut. Die Synagoge Rykestraße stellte eine Besonderheit in der Berliner Synagogenlandschaft dar: Der Gottesdienst fand nach altem Ritus statt. Neben orthodoxen amtierten auch liberale Rabbiner. Neben Jugendgottesdiensten gab es auch Bat Mizwa Feiern. Im Jahr 1925 wurden 22 Mädchen durch Rabbiner Dr. Weyl, der auch ein Mentor der weltweit ersten Rabbinerin Regina Jonas war, "konfirmiert".

1934 wurde eine neue Liturgie am Freitagabend eingeführt und zwei Jahre später auch für Samstagvormittag. Diese trug den veränderten Bedürfnissen nach traditionelleren Formen Rechnung. In dieser Zeit gewannen Vorträge, Sprachkurse und Konzerte an Bedeutung , da die jüdische Bevölkerung aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt wurde. Die im Vorderhaus befindliche jüdische Grundschule mußte deshalb erweitert werden. Sie war im Vorderhaus des Gebäudes 1904 für 500 Kinder eröffnet worden und wurde nun von 700 Kindern besucht. Baracken wurden im Hof aufgestellt und ein zusätzlicher Standort in der Choriner Straße eröffnet.

Während der Reichspogromnacht wurde das Gebäude nicht niedergebrannt, da die umliegenden "arischen" Häuser nicht gefährdet werden sollten. Der Synagogenraum wurde demoliert; Torahrollen wurden geschändet und Rabbiner sowie Gemeindemitglieder verhaftet und in das nahegelegene KZ Sachsenhausen deportiert. Nach Reparaturarbeiten konnte die Synagoge an Pessach wieder geöffnet werden. Der letzte Gottesdienst fand im April 1940 statt. Dann wurde das Gebäude für die Heeresstandortverwaltung beschlagnahmt und enteignet.

Nach der Befreiung im Mai 1945 durch die Rote Armee waren im Vorderhaus zeitweise überlebende DPs (displaced persons d.h. überlebende Juden aus Osteuropa) untergebracht. Schon am 29. Juli 1945 traute Rabbiner Martin Riesenburger das erste Paar in einem Nebenraum. Er weihte auch die Synagoge am 30. August 1953 nach einer größeren Renovierung, die vom Magistrat der Stadt Berlin unterstützt worden war, wieder ein. Im selben Jahr wurde die jüdische Gemeinde geteilt. Die Synagoge Rykestraße wurde zum Zentrum der Ostberliner Gemeinde. Nach Rabbiner Riesenburgers Tod amtierte Rabbiner Ödön Singer zwischen 1965 und 1969.

Nach großen Sturmschäden mußte das Gebäude zwischen 1967 und 1978 in mehreren Etappen renoviert werden. Die Wiedereinweihung des großen und kleinen Betraumesraumes stießen auf großes öffentliches Interesse. Da die kleine Gemeinde - sie zählte 1990 etwas über zweihundert Mitglieder - sich keinen Rabbiner leisten konnte, amtierten zu den hohen Feiertagen Rabbiner und Kantoren aus dem Ausland. Das jährliche Synagogenkonzert mit dem Westberliner Kantor Estrongo Nachama und dem Leipziger Synagogenchor stieß regelmäßig auf große Resonanz. Auch bei Beerdigungen auf dem jüdischen Friedhof Weissensee amtierte Kantor Nachama oft mit Rabbiner Ernst Stein.

Olean Ingster, der seit April 1966 als Vorbeter amtiert, ist es zu verdanken, daß hier die einzige Synagoge der DDR war, an der regelmäßig am Schabbat und Feiertagen Gottesdienste stattfanden und Jungen auf die Bar Mizwa vorbereitet wurden. Von 1971 bis 1991 war Dr. Peter Kirchner Vorsitzender der Ostberliner Gemeinde.

Seit 1999 hat das Lehrhaus der Ronald S. Lauder Stiftung seinen Sitz im Vorderhaus. Es ermöglicht jungen Männern in Jahresprogrammen und beiden Geschlechtern in Ferienprogrammen und Abendveranstaltungen eine Vertiefung jüdischen Wissens und vermittelt praktische Fähigkeiten für die Gemeindearbeit unter der Leitung von Rabbiner Joshua Spinner.

Heute wird für die Gottesdienste meist ein kleinerer Raum genutzt. Die meisten Beter der Rykestrasse sind Zuwanderer aus der ehemaligen SU. Zum 100jährigen Geburtstag sind vielfältige Aktivitäten geplant, wie etwa Führungen und Konzerte.

Bilder aus der Synagoge Rykestraße

Synagogen in Berlin

al / hagalil.com / 2004-08-24

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