Breites Gegenbündnis:
Al-Quds-Tag bleibt nicht mehr unkommentiert
Wenn am 13. November wieder die jährliche
Al-Quds-Demonstration mitten durch Berlin stattfindet, geschieht dies bereits im
zehnten Jahr in Folge...
Von Gudrun Wilhelmy
Zurück geht sie auf
Ayatollah Khomeini, der 1979 den Al-Quds-Tag als Protest gegen Israel
propagierte und dessen Nachfolger Ayatollah Ali Khamenei damit "die Zerschlagung
und Vernichtung des zionistischen Staates" 20 Jahre später erklärte. Tausende
Muslime sind seitdem jährlich diesem Aufruf weltweit gefolgt. Da wird und wurde
nicht nur in Berlin "zum Mord aufgerufen und Hass gepredigt", wie Özcan Mutlu
von Bündnis 90/Die Grünen auf der Pressekonferenz am 3. November 2004 in Berlin
erklärte.
Diese nachweislich vom Iran finanzierten und gesteuerten
Demonstrationen finden jeweils am letzten Wochenende des Fastenmonats Ramadan
statt und blieben in Berlin bis vor zwei Jahren unbemerkt und unkritisiert von
der Öffentlichkeit. Im letzten Jahr verlief die Demonstration nach erfolgreichen
Protesten als Schweigemarsch, an dem sich auch deutsche Rechtsradikale
beteiligten.
Ein breites Gegenbündnis organisiert in diesem Jahr am 7.
November im Theater Hebbel am Ufer (HAU 1) von 12.30 h bis 20.00 h die Tagung
"Feindbild Westen. Ideologie und Strategie des Islamismus am Beispiel des
Al-Quds-Tages". Hauptveranstalter ist der Verein Anstoß e.V. Auf der Tagung wird
das zutiefst antidemokratische, antiegalitäre und antisäkulare Fundament einer
politischen, sich religiös gebenden Haltung beleuchtet, das unter dem Begriff
"Islamismus" zusammengefasst wird.
Neben Professor Menashri aus Tel Aviv
als Experte für Mittelost- und Afrika-Studien wird Dr. Wahied Wahdat-Hag von
MEMRI (Middle East Media Research Institute) sprechen. Mit zwei Diskussionsforen
über "Islamismus – eine globale Ideologie?" und "Perspektiven von Intervention
und Praxis" ist ein anspruchsvolles Programm zu erwarten. Antworten werden
gesucht auf die Fragen "Was sind die ideologischen und gesellschaftlichen
Grundlagen des Islamismus sowie seiner radikalsten Erscheinungsformen? Welche
Rolle spielt der Antisemitismus im Islamismus? Wie kann antisemitischen und
islamistischen Bewegungen und Ideologien begegnet werden?" Weitere Informationen
zur Tagung sind zu finden unter
aktion-november.de
Organisatoren und Zielrichtungen sind gefährlich
Eine
Verharmlosung ist nicht angebracht und dies wird auch deutlich wenn man weiß,
dass Kazem Darabi, verurteilter Drahtzieher des "Mykonos-Attentat", einem
staatlichen Auftragsmord an vier iranischen Oppositionellen 1992 in Berlin, in
den 90er die Al-Quds-Demonstrationen in Bonn mitorganisiert hat.
In
seinem Artikel im November/Dezember Heft 2004 der izw warnt Udo Wolter "Es ist
aber auch eine allgemeinere Strategie islamistischer Organisationen in
Deutschland, sich nach außen gemäßigt darzustellen und einen auf Differenzdenken
beruhenden interreligiösen und –kulturellen Dialog anzupreisen, während intern
am totalen Machtanspruch der eigenen Ideologie festgehalten wird. Was von den
deutschen Ansprechpartner gern als gleichberechtigter Dialog wahrgenommen wird,
stellt sich aus islamistischer Perspektive oft als D'awa, als Missionierung in
einer als moralisch minderwertig verstandenen westlich-ungläubigen Gesellschaft
dar."
Al-Quds-Tag steht für einen Angriff auf Menschenrechte
Doch der Protest zielt darüber hinaus auch "gegen die Form, in der die
Auseinandersetzung mit dem Islamismus in den Gesellschaften des Westens häufig
geführt wird." wie es in dem Aufruf weiter heißt. Stehen auf der einen Seite
seine unakzeptable Instrumentalisierung für eine schnellere Abschiebung, so
sehen andere in ihm einen "Ausdruck der kulturellen Besonderheit von Muslimen"
und schätzen ihn gar „als Ordnungsfaktor in den so genannten islamischen
Ländern". Hier geht es, wie es weiter heißt um einen politischen – "und teils
auch militant durch(ge)führten – Angriff auf die Universalität der
Menschenrechte."
Özcan Mutlu, Mitglied des Abgeordneten Hauses für
Bündnis 90/Die Grünen machte es in der Pressekonferenz deutlich: "Es kann nicht
sein das hier mitten in Berlin solche Aufrufe erfolgen können." Politisch sah
man zwar entgegen seiner Auffassung den Tatbestand der Volksverhetzung nicht
erfüllt, dennoch versprach man künftig diese Demonstration genauer zu
beobachten. Entgegen allen öffentlichen Unkenrufen, die bereits ein
flächendeckendes Überwachungsnetz aller islamischen Gruppierungen als gegeben
oder befürchtet in den Medien verbreiteten, hatte man sich so genau mit dem
10jährigen Phänomen in Berlin nicht beschäftigt.
Claudia Danschke,
Zentrum Demokratische Kultur und AYPA-TV, hofft auf eine Ausdünnung der Anhänger
islamistischer Ideologie und den Entzug einer Unterstützung oder Duldung
innerhalb unserer Gesellschaft. Damit spricht sie aus, was die meisten anderen
Verbündeten ebenfalls anstreben und wie es auch in der Tagung Niederschlag
finden wird: Ein Anliegen, das insbesondere für die Exil-Iranerinnen und Iraner
nicht hoch genug angesiedelt werden kann.
Das breite Bündnis über alle
Differenzen in Blick auf den Nahost-Konflikt hinweg lässt hoffen, dass sich in
Berlin - und nicht nur hier - diejenigen Kräfte binden, die sich gegen jedwede
Form von Rassismus richten und für eine Gesellschaft eintreten, die ohne
Unterschied Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht oder Glauben oder
sexueller Orientierung entschlossen ablehnt und für einen säkularen Staat
eintritt.
Dieses reicht vom Verein Anstoß e.V. bis zur
Amadeu-Antonio-Stiftung, mit dabei ist der "Verein Iranischer Flüchtlinge" und
das „Internationale Komitee gegen Steinigung". An ihrer Seite stehen die
Friedrich-Ebert-Stiftung wie auch die Heinrich Böll Stiftung um nur einige zu
nennen.
So bleibt abzuwarten, ob die Demonstration vom Adenauerplatz
über den Ku'damm zum Breitscheidtplatz führen wird und ob die angemeldete
Gegendemonstration um 11 Uhr am 13. November wirklich am U-Bahnhof Uhlandstraße
stattfindet.
al /
hagalil.com / 2004-11-05
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