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Synagogen-Survival-Guide

Sie interessieren sich für jüdisches Leben und möchten gern an einem G'ttesdienst in einer Synagoge teilnehmen. Sie sind hin- und hergerissen und trauen sich aber nicht so recht, weil das für Sie fremd ist. Sie kennen keine Juden persönlich, die Sie fragen könnten. Vielleicht befürchten Sie auch, daß Sie sich "daneben benehmen" könnten. Dann sind Sie richtig hier.
Auf dieser Seite möchte ich Ihnen einige Hinweise und Anregungen geben, die Ihnen helfen, alle Unwägbarkeiten souverän zu umschiffen - soweit das in einer solchen Situation möglich ist.

Eigentlich können Sie nicht allzu viel falsch machen, wenn Sie sich normal respektvoll verhalten, trotzdem hilft es manchmal, wenn einige Regeln klar angesprochen werden. Schließlich begeben Sie sich in einen für Sie kulturell und religiös fremden Raum und im besten Fall - und das wünschen ich Ihnen - gehen Sie bereichert von dieser Erfahrung wieder nach Hause.

Hier soll es nun - auf neudeutsch - um die sogenannten Do's und Don'ts gehen oder etwas konventioneller ausgedrückt: was man tut und was man besser läßt.
Sehen Sie diese Gedanken als einen Leitfaden - eine Art Geländer an. Niemand erwartet von Ihnen, daß Sie etwas über jüdische Religion oder jüdische Liturgie wissen. Dafür sind Sie ja gekommen: Um darüber etwas zu erfahren. Wer sich aber dennoch schon einige Gebete oder Liedtexte vorher anschauen möchte, findet sie hier.

Wie in anderen Religionen, so gibt es auch im Judentum verschiedene Richtungen. Ich gehe meistens in eine liberale Synagoge, die sich in einem Gebäude befindet, das eine Touristenattraktion ist. Deshalb haben wir oft Gäste - einzelne oder Gruppen - und haben uns auch überlegt, was für die Besucher und Besucherinnen hilfreich zu wissen sein könnte. Auch viele Fragen von Teilnehmern an meinen Führungen, Vorträgen und Seminaren sind in diesen Text eingeflossen. Was ich Ihnen hier erzähle, gilt im allgemeinen auch für orthodoxe Synagogen, ansonsten werde ich deutlich machen, was in orthodoxen Synagogen anders ist.

Darf ein Nichtjude eine Synagoge betreten?

Manche Nichtjuden fragen sich, ob sie überhaupt in einer Synagoge willkommen sind. Diese Zweifel sind völlig unbegründet. In den Texten des Propheten Jesaja heißt es an einer Stelle: "Mein Haus ist ein Haus des Gebets für die Völker". Ursprünglich war damit der Tempel in Jerusalem gemeint. Heute sind die Synagogen die "Nachfolgeinstitutionen" des Tempels.

Welchen G'ttesdienst soll man besuchen?

Um einen ersten Einblick zu bekommen, empfiehlt sich der G'ttesdienst zum Schabbat- Eingang am Freitagabend. Der Schabbat geht von Freitagabend bis Samstagabend, denn in der Schöpfungsgeschichte heißt es immer wieder "und es ward Abend - und es ward Morgen ...". Deshalb beginnt der Tag nach jüdischem Verständnis am Vorabend. Dieser Abend- G'ttesdienst - Kabbalat Schabbat - dauert etwa eine gute Stunde, wohingegen der Morgen- G'ttesdienst am Samstag 2 bis 2 ½ Stunden dauert, was für jemand, der kein Hebräisch kann, schon etwas lang ist.

Wir möchten, daß die teilnehmenden Gäste als Beter kommen und nicht als (Synagogen-) Touristen. Wir fühlen uns nicht wohl, wenn wir wie Tiere im Zoo beglotzt werden. Als Beter kommen heißt nicht, daß Sie mit jedem Satz der Liturgie übereinstimmen müssen - das tun wir auch nicht, denn darin bündeln sich Erfahrungen von vielen Generationen. Aber es bedeutet, daß Sie sich Zeit nehmen und auf den Gottesdienst mit seiner Sprache, seinen Melodien und seiner Atmosphäre einlassen und nicht nach 10 Minuten aus dem Raum stürzen.

Kontakt zur Gemeinde

Bevor Sie einen G'ttesdienst besuchen, ist es empfehlenswert, daß Sie Kontakt mit der Gemeinde aufnehmen und dort anrufen. Anders herum: Es gibt Synagogen, in die Sie auch als Einzelperson nicht hineinkommen, wenn Sie sich nicht angemeldet haben. Das hat mit Sicherheitsauflagen zu tun. Und es wäre doch schade, wenn Sie sich umsonst auf den Weg gemacht hätten.

In den meisten Fällen werden Sie als Einzelperson oder auch solange sie in "Familiengröße" kommen, keine Schwierigkeiten haben. Wenn Sie mit einer Gruppe kommen, ist es gut, sich vorher anzumelden. Da das Interesse am jüdischen Leben groß ist, müssen Termine abgestimmt werden wenn mehrere Gruppen gleichzeitig interessiert sind. Besonders wenn Sie im Rahmen einer Reise an einem anderen Ort als Gruppe in eine Synagoge wollen, sollten Sie so frühzeitig wie möglich Kontakt aufnehmen. In manchen Gemeinden ist es möglich, daß Sie etwas vorher kommen und man Ihnen einiges zum Ablauf erklärt. Für mich ist nichts nerviger im G'ttesdienst, als wenn eine Gästegruppe da ist, die dauernd mit den Füßen scharrt oder ganz angespannt da sitzt - in beiden Fällen, weil die Leute nur nichts falsch machen wollen.

Meistens werden Sie vermutlich schon deshalb telefonisch mit der Gemeinde Kontakt aufnehmen um herauszufinden, wann genau der G'ttesdienst stattfindet.

Dress-Code: Kleidung und Schmuck

Hier gibt es Unterschiede zwischen orthodoxen und liberalen Gemeinden. Richtig liegen Sie auf jeden Fall, wenn Sie sich an die Regeln halten, die Sie von Kirchenbesichtigungen in südlichen Ländern kennen.

Da der Schabbat ein besonderer Tag ist, ist alles feierlicher und schöner und herausgehobener als sonst. Das darf sich auch in Ihrer Kleidung bemerkbar machen, wenn Sie sich damit wohlfühlen. Shorts, Spaghetti-Träger, sowie Durchsichtiges sollten Sie zuhause lassen. In orthodoxen Synagogen wird es oft nicht gern gesehen, wenn Frauen Hosen tragen. Die Arme sollten bis über die Ellbogen bedeckt sein, die Beine bis über die Knie und alles bis zum Hals sollte bedeckt sein. Aber wundern Sie sich nicht allzusehr, wenn sich nicht alle an diese Regeln halten. Nachdem ich einer Freundin diese Regeln erklärt hatte und sie dann an einem heißen Sommertag in eine amerikanische Militärgemeinde mitgenommen habe, die ich selber noch nicht kannte, saßen dort prompt einige Frauen in Bermudashorts und Spaghetti-Trägern.

Jungen und Männer tragen in der Synagoge (und auch auf dem jüdischen Friedhof) eine Kopfbedeckung. Dies gilt auch für Nichtjuden. Die traditionelle Kopfbedeckung ist eine Kippa - ein Käppchen. Niemand erwartet von Ihnen, daß Sie sich eine Kippa für diesen Anlaß kaufen. Sie können einen Hut oder eine Mütze nehmen - aber keine Kopfbedeckungen aus dem sportlichen Bereich, wie Baseball-Cape oder Motorradhelm (alles schon vorgekommen !!!).
Wenn Sie keine Kopfbedeckung zur Hand haben, dann sagen Sie jemand am Eingangsbereich der Synagogen bescheid, dann wird man Ihnen eine geben.

Wenn Sie am Samstagvormittag kommen, dann werden Sie auch Gebetsschals (Tallitot) am Eingang vorfinden. Diese sind Juden vorbehalten. In manchen liberalen Synagogen tragen auch Frauen eine Kippa oder einen Tallit - wenn sie das möchten.

Dress Codes...Foto: Burkart Peter

Make up und Schmuck - in dezentem Ausmaß - sind völlig o.k. Berücksichtigen Sie beim Tragen von Schmuck bitte, daß manche Symbole für Juden (und andere) eine andere Bedeutung haben mögen als für Sie. Wenn Sie als Christ Ihre christliche Identität durch das Tragen eines Kreuzes zum Ausdruck bringen, dann - in der Synagoge - möglichst unter dem Pullover oder T-Shirt. Für Juden und Jüdinnen - besonders wenn sie ihre familiären Wurzeln in Mittel- und Osteuropa haben - ist das Kreuz das Symbol, unter dem ihre Vorfahren verfolgt worden sind.

...vor dem Synagogengebäude

Nun ist es soweit: Sie sind vor dem Synagogengebäude angekommen. Wenn Sie noch keine Zeit gefunden haben um herauszufinden, ob es sich um eine orthodoxe oder eine liberale Synagoge handelt, dann ist jetzt der Zeitpunkt dafür. In liberalen Synagogen beten Frauen und Männer zusammen - in orthodoxen getrennt, d. h. die Frauen sind meist auf einer Empore. Entweder fragen Sie ganz direkt oder Sie schauen, welchen Eingang Ihre Geschlechtsgenossen bzw. -genossinen nehmen und schließen sich dann an. Wenn jemand Sie mit "Schabbat Schalom" grüßt, dann grüßen Sie mit "Schabbat Schalom" zurück. Sie können auch selber initiativ werden.

Grüßen Sie einfach so zurück wie Sie gegrüßt werden nach regionalen Gegebenheiten. Ein orthodoxer Schweizer, den ich diesen Text lesen ließ, meinte, in seiner Synagoge sei klar, daß jemand, der mit "Schabbat Schalom" reinkommt, Christ sei oder Israeli.
Wenn Sie sich in orthodoxen Kreisen bewegen, ist es wichtig zu wissen, daß man Menschen des anderen Geschlechts NICHT die Hand reicht. Dies braucht Sie nicht zu irritieren und hat nichts mit Ihrer Person zu tun.

Auch Gemeinden sind sehr unterschiedlich, in welchem Ausmaß man auf Gäste zugeht. Es kann sein, daß man Ihnen freundlich zunickt und Ihre Fragen beantwortet. Vielleicht will man auch Ihre halbe Familiengeschichte wissen. In den meisten Fällen wird es sich zwischen diesen beiden Extremen bewegen.

Sicherheit

Beim Betreten der Synagoge wird in vielen Fällen eine - mehr oder weniger intensive - Sicherheitskontrolle stattfinden. Unter Umständen müssen Sie etwas warten. Rechnen Sie deshalb in Ihr Zeitbudget zusätzlich 15 bis 20 Minuten ein. Es kann sein, daß Sie Ihre Handtasche vorzeigen müssen. Sie können das umgehen, indem Sie keine Handtaschen mitnehmen. Im orthodoxen Umfeld wird am Schabbat nichts getragen.

Vielleicht müssen Sie auch durch einen Metalldetektor gehen. Wahrscheinlich ist das für Sie ungewohnt und möglicherweise abschreckend. Für Juden und Jüdinnen in diesem Land gehört das - was Sie nun einmalig erleben - vielfach zum Alltag des öffentlichen jüdischen Lebens.

...vor dem Synagogenraum

Wenn Sie in den eigentlichen Synagogenraum kommen bitten Sie jemand um einen Sidur (Gebetbuch). Die Gebetbücher sind meist hebräisch und deutsch, sodaß Sie mitlesen können - gelegentlich gibt es für den hebräischen Text auch noch eine Umschrift. Sie können sich erst einmal einen Platz aussuchen. In orthodoxen Synagogen gibt es feste Plätze für die Beter.

Am Eingang ist meist jemand, der Ihnen sagen kann, wo Sie sich hinsetzen können. Wenn nicht, dann suchen Sie sich einen Platz, aber wenn Ihnen dann doch jemand deutlich macht, daß er/sie auf Ihren Platz möchte, dann rutschen Sie einfach einen Platz weiter.

Was und warum wird überhaupt am Schabath gefeiert?

Damit Sie eine kleine Einstimmung haben und eine Vorstellung, warum der Schabath so wichtig für Juden ist, habe ich einen Text von Abraham Heschel, einen der wichtigsten jüdischen Theologen des 20. Jahrhunderts herausgesucht. Er schreibt:

"Man kann das jüdische Ritual als die Kunst charakterisieren, der Zeit gültige Formen zu geben, als Architektur der Zeit. Seine meisten Begehungen - der Sabbat, der Neumond, die Festzeiten, das Sabbatjahr und das Jobeljahr hängen an einer bestimmten Stunde des Tages oder der Jahreszeit. So bringt z.B. der Abend, der Morgen oder der Nachmittag die Aufforderung zum Gebet mit sich. Die Grundtatsachen des Glaubens liegen im Bereich der Zeit. Wir gedenken an den Tag des Auszugs aus Ägypten, an den Tag als Israel am Sinai stand und unsere messianische Hoffnung ist die Erwartung eines Tages, des Endes der Tage.

Sechs Tage der Woche kämpfen wir mit der Welt, ringen wir dem Boden seinen Ertrag ab; am Sabbat gilt unsere Sorge vor allem der Saat der Ewigkeit, die in unsere Seele gesenkt ist. Unsere Hände gehören der Welt, aber unsere Seele gehört einem anderen. Sechs Wochentage lang suchen wir die Welt zu beherrschen, am siebten Tag versuchen wir, das Selbst zu beherrschen.

Drei Taten Gottes kennzeichnen den siebten Tag: Er ruhte, er segnete und er heiligte den siebten Tag (1 Mose 2,2).

Arbeit ist eine Fertigkeit, vollkommene Ruhe aber ist eine Kunst. Sie ist das Ergebnis eines Einklangs von Körper, Geist und Phantasie. Um einen Grad an Vollkommenheit in der Kunst zu erreichen, muß man sich ihrer Ordnung unterwerfen, muß man der Trägheit abschwören. Der siebte Tag ist ein Palast in der Zeit, den wir bauen. Er besteht aus Einfühlsamkeit, Ausdruck der Freude und Suchen nach Ruhe. In seinem Bereich erinnert eine feste Ordnung an die Nähe zur Ewigkeit... Was ist so kostbar, daß es das Herz ergreift? Der Grund ist, daß der siebte Tag eine Goldgrube ist, wo man das kostbare Metall des Geistes finden kann, mit dem man den Palast in der Zeit baut, ein Bereich, in dem der Mensch bei Gott zu Hause ist, ein Bereich, in dem der Mensch bestrebt ist, der Gottesebenbildlichkeit nahezukommen ... Die Liebe zum Sabbat ist die Liebe des Menschen für das, was er mit Gott gemeinsam hat. Daß wir den Sabbattag haben, ist ein Hinweis darauf, daß Gott den siebten Tag heiligte.

Der Sabbat ist eine Erinnerung an die beiden Welten - diese Welt und die zukünftige, er ist ein Beispiel für beide Welten. Denn der Schabbat ist Freude, Heiligkeit und Ruhe; Freude ist ein Teil dieser Welt, Heiligkeit und Ruhe gehören zur kommenden.

"Wie kostbar ist das Laubhüttenfest. Wenn wir in der Hütte weilen, wird sogar unser Körper von der Heiligkeit der Mitzwa umgeben" sagte einst ein Rabbi zu seinem Freund. Worauf dieser antwortete: "Der Sabbat ist sogar noch mehr. Am Fest kannst du die Hütte für eine Weile verlassen, der Sabbat dagegen umgibt dich, wo immer du hingehst".

Menucha, was wir gewöhnlich mit "Ruhe" wiedergeben, heißt hier mehr als Abstand nehmen von Arbeit und Anstrengung, heißt mehr als frei sein von harter Arbeit, Mühe oder Tätigkeit irgendwelcher Art. Menucha ist kein negativer Begriff, sondern etwas Reales und durch und durch Positives. Das muß die Meinung der alten Rabbinen gewesen sein, wenn sie glaubten, daß ein besonderer Schöpfungsakt nötig war, um sie zu schaffen, daß das Universum ohne sie nicht vollkommen sein würde. "Was wurde am siebten Tag geschaffen? Gelassenheit, Heiterkeit, Frieden und Ruhe" (Gen.rabba 10,9)

Der Sabbat ist der Tag, an dem wir die Kunst lernen, über die Zivilisation hinauszuwachsen...Die Lösung des schwierigsten Problems der Menschheit liegt nicht im Verzicht auf technische Zivilisation, sondern im Erreichen einer gewissen Unabhängigkeit von ihr... Am Sabbat leben wir sozusagen unabhängig von der technischen Zivilisation. Wir enthalten uns vor allem jeglicher Aktivität, die darauf abzielt, die Dinge des Raumes zu erneuern und zu ordnen.

Der Sabbat hat wie die Welt zwei Aspekte. Der Sabbat ist von Bedeutung für den Menschen und von Bedeutung für Gott. Er steht zu beiden in Beziehung und ist ein Zeichen des Bundes, den beide geschlossen haben. Was ist das Zeichen? Gott hat den Tag geheiligt, und der Mensch muß den Tag immer wieder heiligen, muß ihn erleuchten mit dem Licht seiner Seele. Der Sabbat ist durch Gottes Gnade heilig und bedarf dennoch aller Heiligkeit, die der Mensch ihm verleihen kann.

Observanz des siebten Tages ist mehr als eine Technik zur Erfüllung eines Gebotes.
(Anm: Observanz ist die Gesamtheit der Gebote, wie und in welcher Haltung man sie erfüllt)

Es ist ein alter Gedanke, daß der Sabbat und die Ewigkeit eins sind - oder gleichen Wesens. Eine Legende erzählt, daß Gott zu den Kindern Israel sprach als Er ihnen die Tora gab: Meine Kinder! Wenn ihr die Tora annehmt und meine Gebote befolgt, will ich euch auf ewig etwas höchst Kostbares geben, das ich besitze
Und was, fragten Israel "ist diese Kostbarkeit, die Du uns geben willst, wenn wir Deine Tora befolgen?"

- Die zukünftige Welt
- Zeige uns in dieser Welt ein Beispiel für die zukünftige
- Der Sabbat ist ein Bild der zukünftigen Welt

Eine uralte Tradition erklärt: Das Kennzeichen der zukünftigen Welt ist von der gleichen Heiligkeit, wie sie der Sabbat in dieser Welt besitzt ... Der Sabbat besitzt eine Heiligkeit, die jener der zukünftigen Welt gleicht.

Dieser Gedanke, daß wir ein Siebtel unseres Lebens als Paradies erfahren können, ist für die Heiden ein Ärgernis und für die Juden eine Offenbarung.

Das Gefühl für die Heiligkeit der Zeit drückt sich in der Art und Weise aus, in der der Sabbat gefeiert wird. Um den siebten Tag zu halten, ist kein ritueller Gegenstand nötig, anders als bei den anderen Festen, wo solche Dinge für die Observanz wesentlich sind, wie z.B. ungesäuertes Brot, Schofar, Lulaw und Etrog oder der Torahschrein. Am Sabbat verzichtet man sogar auf die Gebetsriemen, das Symbol des Bundes, die an allen Wochentagen getragen werden. Symbole sind überflüssig, der Sabbat ist selbst Symbol... An jedem siebten Tag geschieht ein Wunder: die Auferstehung der Seele, der Seele des Menschen und der Seele aller Dinge..."

(Abraham Heschel: Der Sabbat, derzeit vergriffen, aber ab Herbst 2001 wieder bei der Jüdischen Verlagsanstalt erhältlich)

Zur Liturgie

Sie werden merken, daß der Schabbat-G'ttesdienst sehr heiter und fröhlich ist. Es geht locker, jedoch niemals respektlos in einer Synagoge zu. Kinder laufen umher. Man wechselt auch einmal einige Sätze.

Es gibt keinen Priester oder Pfarrer, der eine zentrale leitende Funktion im Ablauf hat. Der Kantor / Vorbeter (in liberalen Synagogen auch eine Kantorin) führt das Gebet. Es gibt eine feste Liturgie. Die Gemeinde betet gemeinsam. Manche Gebete werden im Sitzen und andere im Stehen gesprochen. Die Übergänge sind fließend. und Gäste sollen sich einfach anpassen. Wenn die Gemeinde aufsteht, stellt man sich auch hin, ohne dabei aber Hektik zu verbreiten.

Nicht gesprochen wird während der Amida - auch 18-Bitten-Gebet oder Schemone Esre genannt- und wenn am Samstag aus der Torah der Wochenabschnitt (Parascha haSchawua) gelesen wird. Wenn am Samstag die Torahrolle durch die Synagoge getragen wird, dann stellen Sie sich jeweils so hin, daß Sie der Torah-Rolle nicht den Rücken zuwenden, denn das drückt mangelnden Respekt aus. Die Torah-Rolle wird von den Betern (in liberalen Synagogen auch von den Beterinnen) nicht mit der Hand berührt, sondern mit dem Tallit oder dem Gebetbuch. Wenn die Torah-Rolle an Ihnen vorbeigetragen wird, können Sie sie auch - in der erwähnten Art und Weise berühren - müssen aber nicht. Daß in jüdischen Texten - wie auch diesem hier - "G'ttesdienst" nicht in der Ihnen gewohnten Form geschrieben wird, ist auch ein Zeichen des Respekts.

Der Ablauf der Liturgie ist nicht in der gleichen Reihenfolge wie die Gebete im Siddur stehen, sondern man überspringt mal ein paar Seiten oder geht wieder zurück. Im Zweifelsfall schauen Sie doch bei Ihrem Nachbarn rein. Und wenn er / sie auch nicht weiß, wo man gerade ist, dann überlassen Sie sich den Melodien.

Der Schabbat wird als Braut bezeichnet, die man empfängt. Bei dem Lied "Lecha Dodi", für das es mehrere hundert verschiedene Melodien gibt, dreht man sich an einer bestimmten Stelle symbolisch zur Tür um die Braut Schabbat willkommen zu heißen.

Niemand erwartet von Ihnen, daß Sie Details wissen, wann man sich verneigt oder auch nicht. Außerdem gibt es da auch Variationen von einer Synagoge zur anderen - lokale "Bräuche" (minhag makom), die nicht unbedingt rational erklärbar sind und manchmal auch Hintergründe haben, auf die man nicht so schnell kommen würde.

Dazu hier meine Lieblingsanekdote:
In einer Synagoge war es an einem bestimmten Platz üblich, wenn man vorbeikam - sich zu verneigen. Eines Tages kam das Gespräch darauf und niemand konnte beantworten, warum das so war, obwohl es dazu einige Ideen gab. Man beschloß ein Mitglied der Synagoge, der schon seit Kindesbeinen in dieser Synagoge gebetet hatte, zu befragen. Er überlegte längere Zeit und sagte dann: "Wenn ich so darüber nachdenke... als ich ein Kind war, hat man sich da nicht verbeugt... erst später aus praktischen Gründen... als der Leuchter da hinkam, der so niedrig hängt".

Kiddusch

Nach dem G'ttesdienst gibt es oft einen Kiddusch. Gemeint ist damit ein Zusammensein mit einem Imbiß. Wenn am Ende des G'ttesdienstes nicht ausdrücklich dazu eingeladen wird, können Sie nachfragen, ob Gäste teilnehmen können. Dies ist in den meisten Fällen kein Problem. Bei Synagogen die oft und viele Gäste haben ist es manchmal so, daß man an bestimmten Schabbatot für sich sein möchte, denn man ist ja die ganze Woche als Minderheit unter Nichtjuden.

Fragen Sie nach, ob es Stammplätze gibt bzw. wo Sie sich dazusetzen können. Auch hier gilt die Regel: Wenn die anderen stehen, dann stehen Sie auch bzw. wenn die anderen sitzen, dann sitzen Sie auch.

Missionare

Das Judentum ist keine Religion, die missioniert. Ein leider zunehmend unerfreuliches Kapitel sind fromme Christen, die Juden missionieren wollen. Wenn Ihnen christliche Traktate - garniert mit jüdischen Symbolen - zugeschoben oder überreicht, missionarische Gespräche aufgedrängt werden oder Sie zu "Laubhüttenfesten" oder "Chanukka-Feiern" eingeladen werden, die nicht in jüdischen Räumen stattfinden, dann ist Vorsicht geboten. Fühlen Sie sich frei, diese Aktivitäten zurückzuweisen. Wenn Sie in eine christliche Veranstaltung gehen hätten wollen, dann wären Sie diesen Abend nicht in die Synagoge gegangen.

Abgesehen davon drücken solche Aktionen auch aus, daß Juden und jüdische Räume nicht als solche respektiert werden. Ich sehe es immer als ein Zeichen der Solidarität mit uns, wenn nichtjüdische Gäste solche missionarischen Attacken abblocken.

In den meisten Fällen werden Gäste von Gemeindemitgliedern mit freundlicher Zurückhaltung behandelt. Niemand soll sich verpflichtet fühlen, wieder kommen zu sollen. Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie einmalig an einem G'ttesdienst teilnehmen wollen. Wenn Sie weiter Kontakt haben wollen oder auch an anderen Angeboten interessiert sind, wird man Ihnen im Gemeindebüro sagen, welche Möglichkeiten bestehen.

Geld

In Synagogen-G'ttesdiensten wird kein Geld gesammelt. Am Schabbat und an den Feiertagen hält man sich von Geldangelegenheiten fern, weil diese mit Alltag und Arbeit zu tun haben. Es wird nicht ge- und verkauft. Manchmal möchten Gäste etwas spenden. Das ist nach Schabbat möglich.

Zum Schluss:

Bitte haben Sie Verständnis, daß Sie Gebetbücher oder Kippot nicht mitnehmen können. Sie werden in der Synagoge gebraucht. Falls bei Ihnen der Wunsch entstanden ist, sich intensiver mit jüdischen Gebeten zu befassen, können Sie den Sidur (Gebetbuch; Mz: Sidurim) in jedem Buchladen oder im Internet bestellen.

Bitte lassen Sie Ihr Handy zuhause. Wenn Sie es dabei haben, dann schalten Sie es bitte während des G'ttesdienstes aus. Foto- und Filmaufnahmen sind am Schabbat nicht gestattet. Ebenso sollten Notizen wegen des Schreibverbots unterbleiben.

Iris Noah

Glossar jüdischer Begriffe
Jüdisches Leben in Deutschland
Jüdisches Leben in Berlin

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