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Holocaust-Ausstellung Berlin:
Erinnerungen an die Schoah

Von Gudrun Wilhelmy

"Das hat es noch gar nicht gegeben" betonten die Macher, während die einen "schon wieder" stöhnen. Es ist der Ansatz der Ausstellung, der sie zu einer besonderen macht. Der Versuch auf die in jeder Generation neu gestellte Frage: "wie konnte so etwas passieren?" mögliche Facetten einer Antwort zu zeigen, macht die Ausstellung sehenswert.

Zum 60. Jahrestag der "Wannsee-Konferenz" und dem Beschluss der Vernichtung aller europäischen Juden, ist diese Ausstellung überfällig. Aber vielleicht war sie auch vorher gar nicht möglich. Der Beteiligung der Stiftung Topografie des Terrors, der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannseekonferenz, dem Deutsch-Russischen Museum Karlshorst und der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten sind die authentischen Ausstellungsobjekte zu verdanken. Es ist ein Unterschied, ob in einem Video zum Prozeß in Nürnberg berichtet wird oder eine Bank, auf der die Angeklagten saßen direkt vor dem Betrachter steht.

Die Ausstellung ist in drei Teile gegliedert. Zwei Teile sind übliche Ausstellungsräume mit Exponaten und Erklärungen, der dritte Teil ist der Multimedia-Raum im Erdgeschoß. Hier werden ununterbrochen unterschiedliche Filme zum Thema gezeigt. Zusätzlich können über PC weitere authentische Berichte angehört und angeschaut werden.

Integration der Juden in Deutschland und die Vernichtung von Juden in den von den Nazis besetzten Gebieten bis zum 1945 wird in kleinen Themeninseln im ersten Stock aufgezeigt. Im ersten Stockwerk des Kronprinzenpalais ist nachvollziehbar wie weitgehend Juden in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg integriert waren. Denn der Kaiser hatte mit seinem "Ich kenne nur noch Deutsche" unter den jüdischen Bevölkerungsteilen eine große Welle von Patriotismus ausgelöst, der sich in zahlreichen Meldungen zum aktiven Kriegsdienst niederschlug. Das war für Juden eine freiwillige Entscheidung, denn der Wehrdienst war ihnen als eine übliche Pflicht aller männlichen Bürger erlassen.

Mit den durch die Weimarer Republik garantierten gleichen Rechten und Pflichten erschlossen sich Jüdinnen und Juden weitere Bereiche in der Gesellschaft. Ob Medizin, naturwissenschaftliche Forschung, Literatur, Theater, Handel, Recht und auch Politik, Juden studierten und übten diese Berufe aus, erlangten Anerkennung und Ansehen. Für viele scheint diese Zeit noch heute als Zeichen vollständiger Integration. Doch so schnell funktioniert Geschichte nicht und Jahrhunderte lange Vorurteile, Ausgrenzungspraktiken und Diskriminierungen verschwinden nicht über Nacht.

Daneben existierte weiterhin ein unbekämpfter Antisemitismus in allen Bevölkerungsschichten. Und so finden wir dort auch ganz andere Hinweise: Ein wissenschaftliches Buch über die Unterschiede von Rassen aus dem 19. Jahrhundert, kirchliche Schriftstücke von eindeutiger Judenfeindlichkeit, auch Karikaturen mit antisemitischem Charakter, oder Beispiele aus der Kunst, insbesondere der Literatur. In den Köpfen vieler wurde die zunehmende Integration von Juden bedrohlich erlebt und bewertet und schürte die bestehenden Vorurteile und Ablehnungen.

Mit der Machtübernahme Hitlers, wurde dessen Buch "Mein Kampf" zur Pflichtlektüre aller Deutscher. Wie schnell die Ansätze einer Gleichberechtigung vom Tisch der Politik ohne breiten Widerstand der Bevölkerung gefegt werden konnte, ist bekannt. Die unbeachtete Kontinuität judenfeindlicher Einstellungen und die unreflektierte Euphorie über die Integration trugen nicht unwesentlich dazu bei. In Hitlers Buch kommt das Ziel der Judenvernichtung unzweideutig zur Sprache. Es tauchen weitere "wissenschaftliche" Untersuchungen auf, die rassische Minderwertigkeiten nachzuweisen vorgeben und sich gegen eine Vermischung des "arischen" mit "jüdischem" Blut als unheilvoll beschreiben. Die Vererbungslehre wird herangezogen.

All dies wird zu einer Grundlage für die sogenannten "Rassengesetze". Juden galten nunmehr als eine andere Rasse. Bisher gab es Weiße, Schwarze, Gelbe, aber keine jüdische Rasse. Auf dem christlichen Glauben basierender Judenhass wurde durch den rassischen Antisemitismus erweitert und ein Vorurteil ergänzte das andere. Die in der Sowjetunion entstehende Politische Macht mit dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft, wurden ebenfalls als jüdische diskriminiert. Es gab also drei Angriffsflächen auf Juden: politisch, rassistisch und religiös. Die Rassengesetze waren die Grundlage für eine systematische Ausgrenzung und Ausplünderung von Juden in Deutschland und den von den Nazis besiegten europäischen Ländern mit dem 1942 offiziell erklärtem Ziel ihrer systematischen, fabrikmäßig organisierten Vernichtung.

Wir sehen die Reste des Vernichtungsfeldzuges: Bilder, Schriftstücke, Koffer, Kinderspielzeug, Briefe. Verzweifelte Versuche nach Ausreisevisa, erzwungene Verträge zur Arisierung von Betrieben, behördliche Dokumente zur Aufgabe des Berufs, Veröffentlichungen der Gesetze, Instrumente zur Vermessung von menschlichen Köpfen zur rassischen Bestimmung, Vererbungslehretafeln, jüdisch-nichtjüdische Liebespaare am Pranger. Liebesverbot. Die Blicke in die anderen europäischen Länder markieren den kriegerischen Siegeszug der Nazis und ihre Verbrechen an Juden in dessen Schlepptau. Es beteiligen sich neben den Spezial-Kommandos auch Soldaten und die Bevölkerung der besiegten Länder. Eine Geige ist das Relikt eines jüdischen Widerstandkämpfers. Nach England gingen Kindertransporte und trennten Eltern und Kindern für immer. Auswanderungslager bereiten auf eine ländliches Leben und Arbeiten in Israel vor. Mit Zahnbürsten putzen Juden in Wien die verdreckten Gassen und Straßen.

Die Erniedrigungen setzen sich in den Konzentrationslagern fort, gleich ob Arbeits- oder Vernichtungslager, oder Durchgangslager. Kein einziges privates Stück durfte behalten werden. Die Trennung in Arbeitstauglich und Nichtarbeitstauglich gleich bei der Ankunft in den Lagern, waren die Verurteilungen zu Leben bis zum Tod durch Erschöpfung, Erschießung, Erhängung, Erschlagen oder medizinisches Versuchs"material". Die anderen gingen sofort in den Tod: in die von ihnen selbst ausgegrabenen Massengräber, in die Gaskammern. Ein Modell von Auschwitzer Krematorium steht am Ende dieses Ganges.

Wie geht man mit solch einer Geschichte um? Was sagt das uns heute, was hat es der Jugend von damals gesagt?
Der zweite Teil der Ausstellung stellt sich der Frage, wie diese gemeinsame deutsche Vergangenheit in der Bundesrepublik und der DDR verarbeitet wurde. Und dies war sehr unterschiedlich. In den ersten Jahren, den Aufbaujahren, widmeten sich Filme vorwiegend den Tätern. "Die Mörder sind unter uns" ist einer der unvergesslichen Filmtitel. Opfer kommen nicht zu Wort, ihre Wortmeldungen verhallten im Aufbau einer neuen Republik ebenso wie im Wirtschaftswunderland.

Manchen Tätern wird der Prozeß gemacht und schon bald werden die Stimmen lauter, die meinen es müsse ein Ende haben mit dem ständig daran erinnern. Daneben liegen die Fotos aus den ersten Tagen der Befreiung der Lagerinsassen, von denen viele noch nach der Befreiung an den unmittelbaren Folgen ihrer Gefangenschaft starben. Es werden Zahlen bekannt. Die schwindelerregende Summe von sechs Millionen Juden - im deutschen Reich lebten 1933 knapp 500.000. Noch immer sind die Opfer nicht Gegenstand der Erinnerung.

Erste Gedenkstätten an den authentischen Orten des Geschehens entstehen. Bücher von Überlebenden berichten. Die DDR sieht in der BRD den Nachfolgestaat des Nazi-Staates und klammert damit eine eigene Vergangenheitsbewältigung aus. Das Unrecht an Juden ist nicht Thema, sondern das Unrecht an Kommunisten ist Kommentare in den Geschichtsbüchern wert.

Während es in vielen Ländern der Welt ein Holocaust-Museum gibt, ist man in Deutschland andere Wege gegangen. Hier überwiegen die Gedenkstätten an den authentischen Orten des Verbrechens. Oder es entstehen an den Orten ehemaliger Synagogen und jüdischer Gemeinden kleine Gedenkstätten der Erinnerung an ehemalige Bewohner, Mitschüler, Nachbarn. Das Erleben, so schildern die Mitveranstalter unisono, die Nachvollziehbarkeit ist bei den Besuchern der Stätten tiefgreifend und zum Teil erschütternd. Einer Auseinandersetzung mit diesem Teil der Vergangenheit auf deutschem Boden, können sich auch jene dann nur schwer entziehen, die mit Vorbehalten an einer solchen Exkursion teilgenommen haben. Dies spricht für diese Form der Vergangenheitsbearbeitung.

Erst in den 80er Jahren mit der Ausstrahlung des Filmes "Holocaust" im Fernsehen, beginnt eine Verarbeitung der Vergangenheit und der Judenvernichtung in der Öffentlichkeit aus der Sicht der Opfer. Folgerichtig melden sich auch die anderen Opfer zu Wort: Sinti und Roma, später auch Homosexuelle. Die Forderung nach einem nationalen Mahnmal wird laut gestellt: von einem Teil der jüdischen Bevölkerung und entfacht neue Debatten. Die Worte des Schriftstellers Walser und die Antwort von Ignaz Bubis als Vorsitzendem der Juden in Deutschland, füllen die Feuilleton-Seiten der Presse und die Diskussionsrunden in den Medien. Die Nation spaltet sich wieder in jene, die "es muß auch mal ein Ende haben damit, daran dauernd erinnert zu werden" und jene, die im "niemals vergessen" ein Mittel zur Vorbeugung einer Wiederholung sehen.

Schulklassen fahren in die Gedenkstätten, thematisieren die Fragen im Geschichtsunterricht und befragen noch Überlebende. Die werden immer weniger. Es werden Dokumente und Videos von Überlebenden erstellt und gesammelt. Auch die Gedenkstätte Yad Vashem in Israel wird als ein Ort der Erinnerung gezeigt, die viele authentische Dokumente für nachfolgende Generationen sichert. Ausgelöst durch einen Film, stellt sich der Umgang mit der Vergangenheit, erstmals als eine aktivere dar. Die Vergangenheit kann heute, wenn auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln, vielleicht erstmals als eine geschichtlich und politisch gemeinsame dargestellt werden.

Bis 9. April
Holocaust - der nationalsozialistische Völkermord und die Motive seiner Erinnerung
Fr - Di 10.00 - 18.00 h, Do bis 22.00 h
Kronprinzenpalais, Unter den Linden 3
ausführliches Begleitprogramm hier

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