Eine arabische Stimme zur Antirassismuskonferenz und ihrer Wirkung auf den Friedensprozess in Nahost
Das Versagen der Europäer
ABDEL MOTTALEB EL HUSSEINI
Die UN-Konferenz gegen Rassismus in Durban ist
gescheitert. Daran gibt es nichts zu deuteln, auch wenn man im letzten
Moment noch einen Kompromiss finden würde zwischen Gegnern und
Befürwortern einer Verurteilung des Zionismus als Rassismus.
Dieses Scheitern führt nicht nur die unterschiedlichen
Sichten auf das Nord-Süd-Gefälle vor Augen, sondern auch die Kluft
zwischen der Mehrheit der Nichtregierungsorganisationen und den
westlichen Regierungen. Die Gleichsetzung des Zionismus mit Rassismus
wird nicht nur von Radikalen in der islamischen Welt propagiert, wie oft
behauptet wurde (so auch in der taz, 31. 8.). Sie wird von der Mehrheit
in den arabischen Ländern und vor allem der Palästinenser vertreten -
selbst von denjenigen, die den Friedensprozess mit Israel bejahen. Der
Grund dafür ist klar. Das Sein bestimmt das Bewusstsein.
Die Palästinenser, die regelrecht abgesperrt,
ausgehungert und als Menschen zweiter Klasse im eigenen Lande entehrt
werden, können den real existierenden Zionismus nur als rassistisch
wahrnehmen. Die USA versuchen, diese Tatsache zu ignorieren, und
ergreifen unkritisch für die israelische Politik Partei. Das ist das
amerikanische Nahostkonzept. Doch: Die Vorstellung, dass man in Durban
die realen Probleme des Nahen Osten verdrängen kann und nur theoretisch
über den Rassismus schlechthin diskutiert, ist einfach kindisch.
Auf der anderen Seite war die Haltung der arabischen
Länder auf der Konferenz Ausdruck ihrer Unfähigkeit, durch eine
konsequente Haltung die israelische Regierung zur Räson zu bringen. Die
undifferenzierte Verurteilung des Zionismus als Form des Rassismus kann
dafür keinen Ersatz liefern. Vielmehr ist eine arabische Politik, die
zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterscheidet, notwendig.
Die zionistische Ideologie, die zur Gründung des Staates Israel
beigetragen hat, hat nationalistische und rassistische Wesenszüge. Das
ist aus arabischer Sicht die historische Wahrheit. Darüber darf man auch
diskutieren, ohne antisemitisch zu sein. Aber man darf auf keinen Fall
die Gegenwart zugunsten der Vergangenheit verdrängen.
Die gegenwärtige blutige Konfrontation zwischen
Palästinensern und Israelis muss durch eine gerechte Lösung des
Konfliktes beendet werden. Sie hat höchste Priorität, sie ist im
Interesse aller Völker der Region. Nachdem die USA die UN-Konferenz
gegen Rassismus in Durban verlassen haben, hätte man eine klare und
zukunftsweisende Haltung von den EU-Ländern erwartet. Doch die
feilschten nur um Formulierungen und verpassten so ihre Chance.
Der Autor ist Journalist und lebt in der Eifel.
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